Meine Reisen
Wenn ich auf ca. 20 Jahre mit meinen Reisen in Europa und der Welt zurückblicke, fallen mir sofort viele Bilder, Geschichten und Erfahrungen ein. Mir fiel es daher schwer, eine Reise für den ersten Blogeintrag auszuwählen und damit zu beginnen, sind doch alle gleichwertig wichtig...
Das Reisen ist ein fester Bestandteil in meinem Leben seitdem ich mit 19 Jahren für ein knappes Jahr nach Neuseeland aufgebrochen bin (dazu mehr in einem anderen zukünftigen Eintrag). Man kann sagen, dass auch meine eigene Reise damit begann, fern von Heimat und Gewohntem und nach der Schule mit einer gewissen Orientierungslosigkeit, aber dem starken Drang, auszubrechen und eine andere Welt zu erkunden.
Zur Auswahl einer Reise für diesen Text habe ich mir verschiedene Fragen gestellt: Über welche Reise schreibe ich zuerst? Warum gerade diese für den ersten Eintrag, was ja schon etwas Besonderes ist? Wofür steht diese Reise? Inwiefern unterscheidet sie sich vielleicht von anderen Reisen (und damit meine ich nicht nur das Reiseziel)? Was hat die Reise so besonders gemacht, auch in Bezug auf Ways of Life?
Ich hätte natürlich auch einfach drauflos schreiben können, aber da ich mir grundsätzlich Gedanken mache, ist das auch hierbei der Fall. Wie kam es überhaupt zu der Entscheidung, nach Indien und anschließend nach Bali zu reisen? Mit der Planung und Kalkulierung der Kosten habe ich etwa drei Monate vorher begonnen. Meine Wahl viel auf Südindien, weil ich schon immer mal nach Indien reisen wollte (ich selbst mache Yoga und Meditation und interessiere mich für einige spirituelle Themen) und die Region Kerala ein gutes Ziel ist, um Indien erstmal auf relativ entspannte Weise kennenzulernen.
Es ist sicher, auch als Frau allein, dort zu reisen (natürlich immer mit einer Portion „common sense“ und Achtsamkeit für sich und die Kultur), es ist übersichtlich im Vergleich zu anderen großen Distanzen zwischen sehenswerten Orten in Indien, es ist abwechselungsreich und spannend, man kommt relativ einfach von A nach B, die Natur ist vielseitig (Wasserfälle und Teeplantagen bei Kochi), die Kanäle der Backwaters bei Allapuzah, kulturell sehr beeindruckend mit vielen wunderschönen Tempeln und dann ist da noch Varkala für an Ayurveda, Yoga, Mediation und auch Surfen interessierte Menschen mit einer atemberaubenden Sicht auf das Meer und die Klippen.
Anschließend wollte ich nach Bali weiterreisen, weil ich schon viel Verschiedenes darüber gehört habe und bereits andere asiatische Länder bereist habe. Auch spirituell gesehen war das ein Kriterium für meine Wahl, zusammen mit dem Besuch eines Yoga- und Mediationsretreats und es hat gut als Übergang, aber auch Kontrast zu Südindien gepasst. Auf dem Rückweg habe ich ein paar Tage Thailand eingeplant, als Zwischenstopp auf der langen Rückreise bevor es wieder zurück nach Europa gehen sollte.
Ende Januar 2023 bin ich dann in Kochi, im Norden von Kerala, angekommen. Am Flughafen nachts war es erstmal ziemlich chaotisch, das Taxi kam nicht und ich habe ewig gewartet, bis ich schließlich müde von der Reise im Hotel in Ernakulam ankam. Am Nachmittag hat mir ein Stadtführer die Altstadt von Kochi gezeigt. Relativ fußläufig in der Nähe befindet sich ein hinduistischer Tempel, eine katholische Kirche und eine Synagoge, eine gute Mischung aus unterschiedlichen Zeiten der Geschichte. Am nächsten Tag habe ich die Vazachal Falls besucht, dort war ich „umzingelt“ von gefühlt 300 Kindern, für die ich wahrscheinlich eine der ersten Europäerinnen war, die sie gesehen haben. So muss sich also in etwa ein Star fühlen, der ständig fotografiert wird, so war das dann auch am Strand in Allapuzah und in Varkala: „Madam, can we take a picture?“.
Am Abend war ich bei einer local food tour dabei, und Netu führte unsere Gruppe durch kleine abgelegene Lokale, in die man so als Tourist nicht wirklich kommen würde, um typisches Essen aus Kochi und Kerala zu probieren, vor allem Gerichte mit Kokos und Fisch.
Am darauffolgenden Tag bin ich nach Allapuzah zu den Backwaters weitergefahren. Am Nachmittag nach einem Strandspaziergang (da war ich auch gefühlt die einzige Europäerin) habe ich eine ayurvedische Massage ausprobiert, die so gar nichts mit westlicher oder auch thailändischer Massage zu tun hat. Kerala ist bekannt für Ayurveda-Heil-Retreats und das gehört quasi dazu.
Am nächsten Tag bin ich mit einem Guide auf einem Shikara-Boot die Kanäle der Backwaters entlang geschippert, vorbei an ruhigen Ufern, Bäumen und Palmen und Klänge von Tempeln. Die Backwaters sind ein Highlight in Kerala und bekannt für Hausboot-Touren. Außerdem sieht man Menschen, die direkt am Fluss leben, dort ihre Wäsche waschen und ihr Bad am Morgen nehmen. Die Häuser sind einfach und bunt, anders als in den Mega-Cities mit Millionen Bewohnern, was ich bisher von Bildern kenne, ist dort alles ruhiger und entspannter. Man merkt, dass die Region Kerala eine gute Infrastruktur und eine bessere Lebensqualität als andere ärmere Teile von Indien hat (was ich gehört habe).
Am Nachmittag habe ich mir einen hinduistischen Tempel (außerhalb von einem Ritual) angeschaut und wurde von einem lustigen Tuk-Tuk-Fahrer zum Leuchtturm gefahren, von dem aus man eine tolle 360° Aussicht auf Allapuzah und das Meer hat, die Stufen hoch und runter waren gar nicht so einfach.
In der kleinen Pension, hinter der alle halbe Stunde ein typisch indischer Überlandzug vorbeigefahren ist, habe ich ein schweizer Pärchen auf ihrer Reise durch Indien kennengelernt. Sie waren vorher im Norden und in Mumbai und es war sehr spannend, ihnen bei ihren Geschichten und Eindrücken zuzuhören, so kann man das Land auch schon über die Regionen hinaus kennenlernen und Tipps austauschen. Das Essen in Kerala ist übrigens sehr lecker und überwiegend verträglich und nicht zu scharf.
Von Allapuzah ging es weiter nach Kollam. Das Taxi konnte auf dem Weg dorthin für eine Weile nicht weiterfahren, weil wir mitten in einer Prozession wegen Taipuyam, einer Art hinduistischem Fasten-Ritual, stehen geblieben sind und es ging erstmal nicht weiter. Einige Teilnehmer der Prozession waren fast wie in Trance und komplett eingenommen von ihrer Hingabe in diesem Ritual, es war absolut faszinierend, das mitzubekommen. Am Lake Kollam war ich zwar nur eine Nacht und ein Tag, aber es kam mir den Sonnenuntergang über dem See beobachtend sehr entschleunigend und viel länger vor. Die Klänge von den umliegenden Tempeln von Taipuyam konnte man noch den ganzen Tag hören und sich in seine eigenen Vorstellungen beamen. Und das Fisch-Curry war hervorragend und die Menschen sind, wie überall in dieser Region, überaus freundlich und zuvorkommend.
Am nächsten Tag ging es weiter nach Varkala, erstmal in Suresh’s Guesthouse in einer ruhigen Seitenstraße nur drei Minuten von der Hauptpromenade parallel zu den Klippen. Suresh wollte eigentlich einen indischen Kochkurs mit Gerichten aus der Region anbieten. Doch leider war er einige Tage nach einer Party in Goa nicht dazu in der Lage und auch nicht vor Ort, hmmm komisch.
Von Suresh’s Guesthouse bin ich mit dem Tuk Tuk innerhalb von Varkala zum Sharangati Yoga House zu Hari umgezogen. Dort habe ich eine Woche Yoga und Meditation in einem Retreat reserviert. Ich hatte ein ruhiges und einfaches Zimmer, ohne Internet und Handybenutzung war nicht erwünscht, digital detox yeah!!! Die Gruppe bestand aus ca. zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Gewöhnungsbedürftig war zunächst das frühe Aufstehen, um 5 Uhr morgens für die Meditation auf dem Hausdach unter Palmen und im Dunkeln mit Tempelmusik (im Februar und März finden einige Tempelfeste, teilweise mit bemalten Elefanten statt), gleichzeitig ruft ein Muezzin aus der Moschee in der Nähe des Temples zum Gebet auf.
„It’s not very instagramabale to just sit and breathe“ hörte ich Hari sagen und das ist es in der Tat nicht, zum Glück, denn darum geht es auch nicht. Es war eine absolute Wohltat und „geistige Entgiftung“, zu sich und zur Ruhe zu kommen. Die erwähnten Geräusche und die Musik vom Tempel waren dabei angenehme Klänge.
Nach zweimal 90 Minuten Yoga pro Tag in einer Woche plus morgendlicher Meditation (trotz ungebetenem Gast in Form einer großen und sehr haarigen Spinne in meinem Bad früh am Morgen, die ich aber quasi wegmeditieren konnte) und leckerem Essen war ich absolut im Einklang mit mir selbst und habe gefühlt ein paar Meter über dem Boden geschwebt. Welchen besseren Ort für die innere Einkehr und Fokussierung als so ein Ursprungsort kann es sonst geben?!
Varkala war mit tollen Begegnungen, vor allem mit Shiva, der mich auch zurück in Europa online mit Meditationseinheiten auf meinem Weg weiterhin begleitet hat, endlos langen Strandspaziergängen, Kaffee bei Binu, der Retter für alle Yogis, die in ihrem Retreat keinen Kaffee bekamen, die schönen kleinen Geschäfte, eine Kunstgalerie mit wunderschönen Aquarellen, die von der Geschichte von Kerala mit Einflüssen aus Sri Lanka erzählen, und einfach der ganz besonderen Atmosphäre und natürlich der Kuh, die sich auf der Höhe der Moschee in der Nähe des Strandes in den Weg gestellt hat, sowie die Tempel mit den Ritualen und Festen und der endlose Strand mein Highlight dieser Reise.
Ich hatte tatsächlich Tränen beim Sonnenuntergang, ein riesengroßer orangefarbener Ball und der Himmel ist praktisch in das Meer übergegangen, auf dem Weg nach Trivandrum zum Flughafen in den Augen. Es hört sich vielleicht komisch an, aber ich habe mich an dem Ort wie „zu Hause in der Ferne“ gefühlt, es war einfach alles richtig und wunderschön. Die Weiterreise über Singapur nach Denpasar in Bali lief gut, trotzdem brauchte ich noch ein paar Tage, um wirklich mental nach den vielen Eindrücken in Südindien anzukommen und zu Beginn hat es mir auch erstmal nicht gut in Seminyak gefallen (es ist sehr touristisch und ich war erstmal von den ersten Eindrücken auf Bali enttäuscht).
Ich werde an andere Stelle mehr über Bali berichten, zum Beispiel, wie ich aus dem zweiten Yoga-/Meditations-Retreat auf dieser Reise ausgebrochen bin, was Padang Bay mit Ibiza zu tun hat, warum man für ca. 9 km über eine Stunde Fahrtzeit braucht und wie man einen See herbeizaubern kann. Und nicht zu vergessen ein „erleuchtender“ Moment am Weißen Buddha in der Nähe von Phuket in Thailand Seid gespannt!
Es folgten dieses Jahr noch einige „kleinere“ Reisen nach Spanien, Frankreich und Griechenland (darüber werde ich auch schreiben und warum es mich magnetisch dorthin zieht…).
Mit diesem Bericht hauptsächlich über Südindien beginne ich das Blog-Thema „Meine Reisen“ sozusagen chronologisch von hinten und vom letzten Stand der „großen“ Reisen, weil mich diese Reise nachhaltig bisher am meisten beeindruckt, begeistert und ich würde sagen ein Stück weit verändert hat.
Ohne diese Reise würde es Ways of Life in dieser Form nicht geben und für diese wunderbare Erfahrung bin ich sehr, sehr dankbar!!!